Die Straße aus dem Lasercutter

Ich werde ja oft gefragt wofür denn bitte der Normalbürger einen Lasercutter brauchen sollte. Hier ein schönes Beispiel, das Skeptiker schnell überzeugen sollte: der selbst gecuttete Straßenname!

Die Strasse aus dem Lasercutter

Die Strasse aus dem Lasercutter (Pappel-Sperrholz an Eiche)

Sie kennen das: seit OpenStreetMap ist jeder noch so kleine Trampelpfad vermessen und im Internet kartographiert. Man kann diese Pfade nun finden, benutzen, und sogar per GPS Tracking dokumentieren dass man dort war. Nur eines kann man nicht: sich vernünftig über diese Trampelpfade unterhalten.

Den Liebhabern des literarischen Werkes von Douglas Adams kommt diese Problemstellung bekannt vor. Eben jener Douglas Adams erregte sich über die Tatsache, dass es in unserer Welt allgemein bekannte Sachverhalte und Dinge gibt, die unverständlicherweise nicht benannt werden können. Und das nur weil sich eben niemand die paar Minutne Zeit genommen hat einen Begriff dafür zu prägen. Ein Beispiel: es gibt keinen Begriff für den übel riechenden Wind, den U-Bahnen vor sich herschieben. Jeder kennt ihn, keiner benennt ihn.

Gleichzeitig erregte sich Douglas Adams darüber, dass hunderte Wörter weitgehend ungenutzt blieben: Ortsnamen. Laut Adams bestünde der einzige Verwendungszweck vieler Ortsnamen darin, auf Ortsschilder geschrieben zu werden. Die Mehrzahl der Ortsnamen würden laut Adams von kaum einem Menschen je benutzt werden – eine brach liegende Wort-Ressource also.

Die bestechende Schlussfolgerung von Douglas Adams: hier Sachverhalte und Dinge ohne Begriff, dort Worte ohne Verwendung. Die Lösung: man verwende die überflüssigen Ortsnamen einfach als Begriffe für  die unbenannten Sachverhalte und Dinge. Das Ergebnis des Unterfangens: das Wörterbuch „The Meaning of Liff„. So schreibt Douglas Adams nun zum Beispiel in eben diesem Wörterbuch: „Chicago: The foul-smelling wind which precedes an underground railway train.“ Problem gelöst!

Moment, moment … was hat das gleich nochmal mit den Trampelpfaden bei OpenStreetMap zu tun? Es ist doch offensichtlich: diese Trampelpfade haben keinen Namen!

Will ich zum Beispiel mit meinem Kollegen über die Matschigkeit der dritten Kurve nach der langen Gerade auf dem Trampelpfad im Wald fachsimpeln, dann klingt das etwa so: „… Du weißt schon, da wo der Weg so eine scharfe Kurve macht, gleich nach dem Busch bei dem der eine Zweig so über den Weg hängt … „. Sind wir doch mal ehrlich: effektive und effiziente Kommunikation geht anders!

Im Zeitalter der Maker-Kultur kein Problem: man bastle mal eben ein paar Schilder per Lasercut, dekoriere einige Bäume damit, trage die fehlenden Namen in OpenStreetMap nach und schon klappts auch mit der Kommunikation: „… also das sumpfige Matschloch am Meisen-Eck ist zur Zeit echt lästig – die cremige Bodenbeschaffenheit in der Frühlings-Allee finde ich wesentlich angenehmer!„. Na also: geht doch!

Neben der vereinfachten Kommunikation ergibt sich als Bonus noch ein zweiter Vorteil: vielleicht kann ich mir bald auch Pakete an die neu erfundene Addresse zustellen lassen – es ist sicher nur eine Frage der Zeit, bis die neuen Straßennamen ihren Weg in das Kartenmaterial der Navigationssysteme finden.

Bleibt noch die Frage nach der Moral: ist es moralisch vertretbar einfach neue Straßennamen zu erfinden? Ich denke ja. Durch das Crowd-Signposting (den Begriff habe ich gerade neu erfunden) wird nur das Versäumnis des Waldbesitzers ausgeglichen. Der Waldbesitzer hat durch das Nichtanbringen von Beschilderung die Öffentlichkeit in die missliche Lage gebracht, nicht vernünftig über die Wege sprechen zu können. Wenn nun die Öffentlichkeit diesen Mangel ihrerseits behebt, so ist allen damit gedient: dem Waldbesitzer und der Öffentlichkeit. Zudem steht der Öffentlichkeit das Recht der Trampelpfad-Benennung allein schon deswegen zu, weil die Trampelpfade auch durch die Öffentlichkeit in den Wald getrampelt wurden.

Fraglich ist nur noch, ob die Wahl der Straßennamen nicht zu sehr egoistisch motiviert ist. Ich denke auch hier wird die Crowd die optimale Lösung finden, so wie es zum Beispiel bei Graffiti-Sprayern auch einen Ehrenkodex gibt: hochwertige Graffitis werden nicht durch minderwertige übersprüht. Ein ähnlicher Kodex wird sich auch beim Crowd-Signposting ergeben. Sollte jemand eines Tages meinen Straßennamen durch einen passenderen Namen ersetzen: ich habe kein Problem damit.

Also crowd-signposten auch Sie mit – es macht Spaß!

4 Gedanken zu „Die Straße aus dem Lasercutter

  1. Andreas

    Du wirst lachen. bei uns haben viele Wanderwege bereits inoffizielle Namen erhalten. Vom Wanderverband! Sie haben bestimmte Wege oder Wegabschnitte nach verdienten alten Herren benannt und entsprechende Schilder an die Wanderwegweiser angebracht. Die Daten sind natürlich bereits in OSM drin (soweit bekannt), aber der Post würde ich nicht zutrauen zu wissen wo der Treptow-Pfad ist, geschweige denn wie sie mit ihren Autos da hin kommen 🙂

  2. Robert

    Hallo Andreas,
    na dann geht der Pokal für die Erfindung des Crowd-Signposting an Euch – ich habe meine Schilder nämlich erst kürzlich montiert.

    Jetzt fehlt blos noch, dass schon jemand anders vor mir einen Begriff für diesen Vorgang geprägt hat. Wie haben denn die Leute in Eurem Wanderverband diesen Vorgang des „eigenmächtigen Benennens von Wegen“ bezeichnet?

  3. Don

    Hallo Andreas, ich bin durch den OSM Blog auf Deinen Blog gestoßen und letzte Woche habe ich das Meisen-Eck im Wald beim Technopark II in Vaterstetten entdeckt. Hätte nicht gedacht, daß das ganz in der Nähe ist. Und matschig ist es jetzt nach dem Regen ganz bestimmt. Tolle Idee!

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